Das Kompetenznetz Funktionelle
Nanostrukturen wird gefördert
durch die
Baden-Württemberg Stiftung.
Pflanzenviren gehören dank ihrer definierten Form und Zusammensetzung zu den wenigen Biomolekülkomplexen mit realistischem Potential für nanotechnologische Anwendungen. So existieren bereits Prototypen für virushaltige Katalysator-, Sensor-, Batterie- und Transistorminiaturen. Für die Integration viraler Trägerstrukturen in technische Bauelemente ist von besonderem Vorteil, dass sich Bausteine mancher Viren kontrolliert in vitro zu hochgeordneten Komplexen assemblieren lassen. Tabakmosaikvirus-(TMV)-Derivate sind dabei besonders stabile und vielfältig gestaltbare nanotubuläre Template.
Gereinigtes TMV-Hüllprotein (Coat Protein, CP) multimerisiert mit freien oder am 3'-Ende immobilisierten RNA-Matrizen mit viralem Assemblierungsursprung (Origin of Assembly, OAs) zu nanoskaligen Nukleoproteinstäbchen. Nachdem geeinete Verfahren zur Vorbehandlung, Strukturierung und chemischen Kopplung von Silizium-Wafern und Metallkolloiden mit Nukleinsäuren entwickelt waren, konnten Nukleoprotein Nanostäbchen ortsselektiv „bottom-up“ auf diesen Substraten generiert werden. Mit artifiziellen RNA-Konstrukten gelang nicht nur die Herstellung von Stäbchen mit verändertem Aspektverhältnis, sondern auch die von nicht-linearen Produkten wie Nano-Bumerangs und -Sternen. Die multivalenten, in situ assemblierbaren Röhrchen erlaubten die Ankopplung bioaktiver Moleküle in hoher Oberflächendichte ohne gegenseitige sterische Hinderung. Damit sind die Vorraussetzungen geschaffen, sensorisch oder katalytisch aktive Ensembles der neuartigen "Funktionsträger" künftig auch in schlecht zugänglichen Kanälen von „Lab-on-a-Chip“-Detektionssystemen zu „züchten“, oder für die Multiplex-Analytik in „Liquid Bead Arrays“ zu nutzen.
Ein sequentieller Einbau von zwei verschiedenen CP-Varianten in wachsende TMV-„Sticks“ führte zu aufeinander folgenden Sequenzen unterschiedlicher Proteinspezies und bewies, dass mit dem System Tabakmosaikvius auch „Nanobarcodes“ aus selektiv adressierbaren Proteintypen geschaffen werden können. Nach ihrer Isolation unter stark sauren Bedingungen und nachfolgender In-vitro-Assemblierung zeigten chemisch ansprechbare CP-Typen weiterhin gute Reaktivität, was unter anderem durch Kupplung von Fluoreszenzfarbstoffen bewiesen wurde. Fluoreszierende TMV-Derivate erwiesen sich zudem als ideale Kalibriersysteme für die optische Superresolution-Nanoskopie mit Spektraler Präzisions-Distanz-Mikroskopie (SPDM) im Weitfeld (Koop. AG Cremer, KIP Universität Heidelberg).