Das Kompetenznetz Funktionelle
Nanostrukturen wird gefördert
durch die
Baden-Württemberg Stiftung.
Die Nanostrukturierung eines Festkörpers erzeugt Randbedingungen, welche seine elektronische Struktur entscheidend beeinflussen. So ändern sich sowohl die elektrischen als auch die optischen und magnetischen Eigenschaften eines Systems mit seiner Dimensionalität. Aktuelle Technologien erlauben nicht nur die Herstellung atomar dünner Schichten oder die gezielte Positionierung einzelner Atome und Moleküle sondern auch die Charakterisierung der Nanostrukturen im Hinblick auf Anwendungen. Die elektronischen Eigenschaften solch kontrolliert hergestellter Nanostrukturen stehen im Mittelpunkt des Projektbereiches C.
Die Abmessungen der Bauelemente in kommerziellen elektronischen Schaltkreisen verringern sich stetig und sind mittlerweile auf der Skala einiger zehn Nanometer angelangt. Aufgrund dieser Entwicklung besteht ein großes Interesse am Ladungstransport auf den kleinsten Skalen, um die Grenzen der Miniaturisierbarkeit abzuschätzen. Des Weiteren können sich neue physikalische Effekte ergeben, und es bestehen Hoffnungen auf eine kostengünstige Herstellung atomarer und molekularer Nanostrukturen durch Methoden der chemischen Synthese und Selbstorganisation. Darum ist die Erforschung von Nanostrukturen von entscheidender wissenschaftlicher Bedeutung, insbesondere auch um Funktionalität zu erzielen.
Das Ziel der Forschungsarbeiten im Projektbereich C ist es, die elektronischen Eigenschaften von Nanostrukturen mittels neuer Charakterisierungsverfahren zu studieren sowie komplexere Transporteigenschaften wie das Stromrauschen, die Thermokraft oder supraleitende Eigenschaften zu verstehen. Die Forschungsaktivitäten umfassen die chemische Synthese bzw. Herstellung nanoelektronischer Bausteine, ihre experimentelle Charakterisierung (inklusive der Entwicklung neuer Messverfahren) und die theoretische Beschreibung. Dadurch sollen neue funktionelle Nanosysteme entwickelt und ultimativ kleine quantenelektronische Schaltungen untersucht werden. Der Projektbereich C führt die Kompetenzen von sechs Standorten zusammen. Besondere Bedeutung hat hierbei die intensive Zusammenarbeit zwischen synthetischer Chemie, experimenteller Physik, theoretischer Chemie und theoretischer Physik.
Das Projekt C2 verbindet experimentelle und theoretische Arbeiten an den Standorten Karlsruhe und Konstanz und studiert das Wechselspiel von Magnetismus und Supraleitung auf der Nanoskala. Supraleiter-Ferromagnet-Hybridstrukturen werden genutzt, um die Ursache des langreichweitigen Proximity-Effektes aufzuklären und Informationen über die spinabhängige Elektronenstreuung an Grenzflächen zu erhalten. Ein Ziel ist dabei auch die Realisierung funktionaler Spinventilstrukturen. Eine solche supraleitende Elektronik, die zudem im Normalleiter auf Spininformation beruht, wäre besonders energiesparend.
Das Projekt C3, angesiedelt in Ulm und Karlsruhe und eine Kooperation zwischen Theorie und Experiment, Physik und Chemie, widmet sich der Aufklärung mikroskopischer Prozesse in elektrochemisch kontrollierten atomaren Schaltern. Solche Quantenpunktkontakte, die atomar kleine elektronische Bauelemente mit ultimativ kleinem Energieverbrauch realisieren könnten, werden umfassend sowohl experimentell als auch theoretisch untersucht. Es soll insbesondere der Einfluss des Elektrolyten auf den Ladungstransport im Detail berücksichtig werden.
Das Projekt C4, in dem experimentelle Gruppen aus Karlsruhe und Konstanz zusammenarbeiten, beschäftigt sich mit der „Molekularen Elektronik“. Eine wesentliche Fragestellung auf diesem Gebiet besteht darin, neue elektronische Funktionalitäten auf molekular kleinem Raum und damit besonders ressourcenschonend zu realisieren. Ein grundlegendes Problem in der Molekularen Elektronik ist zurzeit jedoch die eingeschränkte Vergleichbarkeit der Resultate, die mit verschiedenen Kontaktierungs- und Messtechniken erzielt werden. Projekt C4 hat darum zum Ziel, eine molekulare Plattform zu entwickeln, die sowohl für Messungen im Rastertunnelmikroskop als auch in mechanisch kontrollierten Bruchkontakten und Nanoporen geeignet ist. Durch den direkten Vergleich der mit diesen unterschiedlichen Methoden erhaltenen Transporteigenschaften lassen sich die intrinsischen Eigenschaften des Moleküls von „experimentellen Artefakten“ trennen.
Eine zunehmende Bedeutung genießt das Gebiet der thermoelektrischen Bauelemente aufgrund ihres Potenzials, Temperaturgradienten in elektrische Energie umzuwandeln. Das Projekt C5 stellt eine Kollaboration zwischen Gruppen in Konstanz und Karlsruhe dar. Ähnlich wie das Projekt C4 beschäftigt sich C5 mit Fragestellungen auf dem Gebiet der Molekularen Elektronik, wobei Transporteigenschaften untersucht werden, die über die Messung des elastischen Leitwerts hinausgehen. Insbesondere werden inelastische Transportphänomene in molekularen Kontakten und thermoelektrische Nichtgleichgewichtseffekte in hybriden, metallischen Nanostrukturen von theoretischer Seite mit ab-initio Methoden der elektronischen Strukturtheorie atomistisch modelliert und von experimenteller Seite durch Messungen des Transport im optisch erzeugten Nichtgleichgewicht erforscht.
Im Projekt C9 zwischen den Standorten Karlsruhe und Tübingen werden atomare Quantensensoren für die Untersuchung von Nanostrukturen entwickelt. Die Kraftdetektion mit ultrakalten Atomwolken zeigt viele Ähnlichkeiten zu Rasterkraftmikroskopie-Techniken, verwendet jedoch statt einer Festkörperspitze, ultrakalte, gasförmige Atomwolken als Sonde. Solche Atomwolken sollen an verschiedenen Oberflächen nanopositioniert werden und die ultrasensitive Detektion von elektromagnetischen Kräften ermöglichen, Dispersionskräfte eingeschlossen.
Im Bereich C ergibt sich ein intensiver Austausch der verschiedenen Projekte aufgrund der gemeinsamen Fragestellungen zu elektronischen Eigenschaften von Nanostrukturen und der Expertise beim Umgang mit ähnlichen Analysemethoden. So wird z.B. in C2, C3, C4 und C5 der Ladungstransport gemessen. Ab-initio Verfahren der elektronischen Strukturtheorie werden gemeinsam in C3 und C5 eingesetzt und andere Projekte wie C4 können darauf bei Bedarf zurückgreifen. C9 entwickelt neue experimentelle Charakterisierungsmethoden für elektronische Struktur- und Transporteigenschaften, die nach ihrer Demonstration und Optimierung zukünftig in anderen Projekten eingesetzt werden könnten. Insbesondere werden im Bereich C zahlreiche Vergleiche von gemessenen und mit theoretischen Verfahren vorhergesagten Prozessen durchgeführt.
Über den Projektbereich C hinaus ergeben sich vielfältige Verknüpfungen mit den anderen Bereichen des Kompetenznetzes. So werden Aspekte der Spinelektronik, ähnlich wie in C2, im Projektbereich D in D3, D5 und D7 analysiert. Zudem stellen die molekularen Magnete in D7, die künftig für C9 als Testobjekt interessant sind, eine Verbindung her zu den molekularen Kontakten im Fokus in C4 und C5. Zusätzlich intensivieren auch die optischen Anregungs- und Detektionsmechanismen für Wärmeimpulse in C5 die Beziehung zum Bereich D. Die Bereiche A und B ergänzen die Studien von Einzelatom- und Einzelmolekülkontakten in C. Die dort durchgeführte Erforschung biologischer Systeme sowie der Strukturbildung auf größeren Skalen könnte zur Integration elektronischer und biologischer Systeme eingesetzt werden oder bei der industriell relevanten, großskaligen Herstellung kontrollierter elektrischer Schaltkreise.
Das Kompetenznetz „Funktionelle Nanostrukturen“ bietet eine exzellente Plattform, um diese nachhaltigen, innovativen Forschungsarbeiten mit Erfolg und internationaler Sichtbarkeit wegweisend durchzuführen.