Das Kompetenznetz Funktionelle
Nanostrukturen wird gefördert
durch die
Baden-Württemberg Stiftung.
Die kontrollierte Strukturierung von Materialien im Nanometerbereich ist von fundamentaler Bedeutung in der Nanotechnologie. Moderne Präparationsmethoden ermöglichen die gezielte Herstellung und Manipulation von Materialien und einzelnen Strukturen mit atomarer Präzision (Größe, Form und Zusammensetzung). Eine besonders elegante Strategie zur kontrollierten Herstellung von Nanostrukturen mit spezifischen Eigenschaften basiert auf dem so genannten „bottom-up“ Ansatz. Nach diesem Prinzip werden die funktionellen Strukturen durch Selbstorganisationsprozesse unter Ausnutzung von nichtkovalenten molekularen Wechselwirkungen verwirklicht. Diese (supra)molekularen Nanostrukturen sind besonders attraktiv aufgrund ihrer vielfältigen Vorteile wie hoher Parallelität in der Herstellung und extremer Variabilität in Hinsicht der realisierbaren physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften.
Von besonderem Interesse sind hierarchisch aufgebaute Strukturen, da hierbei ein direkter Zusammenhang zwischen realisierter Funktion und struktureller Komplexität erreicht werden kann. Dies wird eindrucksvoll durch das Vorbildsystem Natur betätigt. In der molekularen Biologie werden zahlreiche Funktionen durch hierarchische strukturelle Gliederungen erreicht. Dort setzen sich individuelle (funktionelle) Einheiten, ihrerseits bestehend aus einer wohl definierten Gruppe an Untereinheiten, zusammen zu einem komplexeren Ganzen. Der hohe Grad an Komplexität eines Systems zusammen mit seinen generischen Eigenschaften lässt sich so auf die Beherrschung einiger weniger, kontrollierbarer Parameter, d.h. die Steuerung der molekularen Wechselwirkungen, zurückführen.
Aufbauend auf den im Kompetenznetz Funktionelle Nanostrukturen erzielten Ergebnissen zur Herstellung einer Vielzahl von nanostrukturierten Materialien, von atomaren Metallclustern bis zu komplexen biomolekularen Hybridsystemen, besteht die Herausforderung des nächsten Förderabschnitts darin, selbstorganisierte Nanostrukturen für Anwendungen nutzbar zu machen. Schwerpunkte sind dabei Energieumwandlung (B1) und molekulare Informationstechnologie (B3, B5).
Mit der Suche nach erneuerbaren und nachhaltigen Energieträgern ist die Brennstoffzellentechnologie (zusammen mit anderen Energiespeicherformen) erneut in den Brennpunkt wissenschaftlicher Untersuchungen gerückt. Die Brennstoffzelle ist eine der effizientesten Methoden für die direkte Umwandlung von chemischer in elektrische Energie. Im Gegensatz zur Wärmekraftmaschine ist ihr Wirkungsgrad nicht durch den Carnot-Prozess limitiert. Es bleiben jedoch wichtige und langjährige Probleme bzgl. der Lebensdauer und praktischen Effektivität dieser Zellen ungelöst. Diese hängen unmittelbar mit den elektrochemischen Prozessen an den Elektrodenoberflächen zusammen. Zudem werden effiziente Katalysatoren für die Produktion von Wasserstoff als chemischen Energieträger für die Zellen benötigt. Selbstorganisationsprozesse sind ideal zur Erzeugung von Oberflächen mit chemischer Heterogenität vom atomaren über den Nanometer- bis hin zum Mikrometermaßstab. Im nanoskaligen Bereich können durch diese Strukturen neuartige katalytische Eigenschaften erzeugt werden. Insbesondere bimetallische Systeme (B1) sind katalytisch hoch aktiv und können durch die Nanostruktierung in ihren Eigenschaften gezielt eingestellt werden. Im Projekt B1 werden diese Systeme sowohl experimentell als auch theoretisch untersucht. Ziel ist die Entwicklung von neuen Konzepten und Materialien für die energierelevante Nanoelektrochemie, insbesondere die Elektrokatalyse.
Neben der effizienten Umwandlung von chemischer in elektrische Energie ist die nachhaltige Bereitstellung von Wasserstoff als chemischer Energieträger eine große Herausforderung. Insbesondere ist die effiziente direkte Umwandlung von Sonnenenergie in Wasserstoff ein begehrtes Ziel. Die im Projekt B1 entwickelten katalytischen Nanostrukturen liefern hier einen interessanten neuen Ansatz, z.B. für die photokatalytische Wasserspaltung.
Nanoskopisch strukturierte Materialien aus biologischen Makromolekülen (z.B. Proteine und Polysaccharide) und anorganischen Materialien besitzen herausragende physikalische Eigenschaften wie am Beispiel der Biomineralien Perlmutt oder Knochen deutlich wird. In den Projekten B3 und B5 sollen hybride Nanomaterialien mit kontrollierbaren optischen, magnetischen und elektronischen Eigenschaften durch hierarchische Selbstorganisation hergestellt und charakterisiert werden. In B3 werden definiert aufgebaute und modifizierte Proteine dazu verwendet durch die in der Sequenz kodierte Information die Selbstorganisation von Nanopartikeln bzw. deren nichtklassische Kristallisation in einer definierten Geometrie und gegenseitiger Ausrichtung der anorganischen Nanopartikel vorzunehmen. Dabei wird ein ringförmiges fibrillenbildendes Protein als Gerüst und ein elastisches Protein zur Kontrolle der Nanopartikelbildung und Anheften an das Gerüst verwendet. Dadurch lassen sich beispielsweise neue Wege zu elastischen, nanoskopisch schaltbaren Magneten entwickeln die ein weites Anwendungsspektrum in der elektronischen Datenspeicherung, als Kontrastmittel für die medizinische Diagnostik (z.B. Magnetresonanztomographie) sowie sensorische und elektronische Anwendungen haben. In B5 erlaubt die Verwendung von funktionalisierten polymeren Nanokristallen als ‚vorgefertigte’ Bausteine potenziell eine Kontrolle der Ordnung auch in sehr dünnen Isolator-/Halbleiterschichten. Geordnete Systeme, welche mit diesem Konzept angestrebt werden, sind neben grundlegenden Untersuchungen des Transports auch längerfristig für Anwendungen in Bauelementen wie organischen Feldeffekttransistoren interessant. In einem „bottom-up“ Ansatz könnten geordnete Hybridstrukturen ohne die Notwendigkeit hoher Temperaturen erzeugt werden, für die Herstellung von kostengünstiger Hochleistungselektronik für flexible und mobile Anwendungen.
Von übergreifendem Charakter in den Projekten B1–B5 sind fundamentale Untersuchungen zur hierarchischen Nanostrukturierung durch Selbstorganisation. Angestrebt wird sowohl ein qualitatives Verständnis der strukturbildenden Prozesse als auch im Falle einfacher Modellsysteme eine quantitative Bestimmung und Kontrolle der relevanten Wechselwirkungen.