Das Kompetenznetz Funktionelle
Nanostrukturen wird gefördert
durch die
Baden-Württemberg Stiftung.
Nanostrukturen auf Oberflächen bilden den Ausgangspunkt einer Vielzahl neuartiger Sensoren, Katalysatoren, Laser sowie elektronischer und magnetischer Bauteile und Informationsspeicher. Deshalb setzt sich der Projektbereich B, wie schon in der ersten Förderperiode, zum Ziel, durch laterale Strukturierung auf der Nanometerskala Oberflächen eine bestimmte Funktion aufzuprägen. Dabei ist zunächst weder die Art der Funktion selbst noch der Typ von Oberfläche weiter eingeschränkt, obwohl es sich bei der Mehrzahl der konkreten B-Projekte um Oberflächen anorganischer Materialien handelt. Im Allgemeinen startet man also mit einem Substrat, das einkristallin, polykristallin oder aber auch amorph sein kann, und welches als Träger für die aufzubringende oder einzuschreibende Nanostruktur dient. Beide Varianten, die Deposition von zusätzlichen Nanosystemen auf das Substrat wie auch das Übertragen vorgegebener Nanomuster in das darunterliegende Substrat, sind im B-Bereich realisiert und dieser präparative Aspekt spielt nach wie vor eine wichtige Rolle, auch wenn im Verlauf der ersten Förderperiode einige Präparationsansätze bereits zu einem gewissen Reifegrad entwickelt wurden und deshalb die resultierenden Funktionen der Nanostrukturen in den Vordergrund rücken. Das eigenständige Gewicht, welches der Präparation immer noch zukommt, resultiert aus der Komplexität der eingesetzten unkonventionellen Methoden, die in der Regel ein interdisziplinäres Arbeiten erforde rlich machen, zumeist zwischen Chemie und Physik/Ingenieurwissenschaft, in der beantragten Förderperiode auch verstärkt zwischen Biologie/Medizin und Physik/Ingenieurwissenschaft.
Sehr deutlich werden diese präparative Komplexität und die deshalb notwendige Zusammenarbeit auch zwischen verschiedenen Standorten in den Projekten B1, B2 und B4. In den ersten beiden der genannten Projekte werden Selbstorganisationsprozesse von Makromolekülen, Mizellen und Kolloiden ausgenützt, um direkt durch die Wahl der Moleküle Funktion zu erzeugen oder aber, um zunächst Nanomasken zu erzeugen, die es erlauben in einem zweiten Schritt Nanostrukturen verschiedenster Materialien und damit Funktionen zu deponieren. In B1 ist es deshalb notwendig, Synthesetechniken der organischen Chemie (FZK) mit oberflächenphysikalischen Methoden (MPI-FKF) zu kombinieren. Ähnlich in B2, wo kolloidale (Univ. Konstanz) mit mizellaren (Univ. Ulm) Ansätzen verknüpft werden. Selbstorganisation als präparativer Teilschritt spielt auch eine Rolle in B4 (FZK, Univ. Konstanz), wo in selbstorganisierte Monoschichten ( Self- Assembled Monolayers) mittels Rasterkraft-Manipulation lokal »Nanofenster« eingebaut werden, die sich dann in einem zweiten Schritt funktionalisieren lassen.
Eine solche direkte Funktionalisierung wie sie bereits in B1 angesprochen wurde und dort durch Aufbringen von speziellen funktionstragenden Makromolekülen auf zumeist vorstrukturierte Substrate erfolgt, liegt auch im Projekt B9 vor. Hier beruht die Funktion einer Oberfläche auf der katalytischen Aktivität deponierter metallischer Nanoteilchen, deren Reaktivität im Zusammenspiel mit dem Träger ebenso optimiert werden muss wie ihre Anordnung, die eine wesentliche Rolle spielt beim Zu- und Abtransport der verschiedenen Spezies. Ähnlich gelagert mit der Zielfunktion Elektrokatalyse, jetzt allerdings von bimetallischen Nanostrukturen, ist das Projekt B12. Dieses ohne finanzielle Förderung beantragte Projekt möchte das im Netzwerk an verschiedenen Standorten vorhandene präparative Potential nutzen, um in enger Zusammenarbeit mit der Theorie die elektrochemische Reaktivität geometrisch verschieden angeordneter Ensembles zu optimieren.
Neben der direkten Funktionserzeugung durch Aufbringen von Nanostrukturen auf Substraten bieten sich eine Fülle weiterer indirekter Wege an. So können die primär auf Oberflächen erzeugten Nanoteilchen als Maske genutzt werden, um entsprechende Strukturen etwa durch reaktives Ionenätzen auf das darunterliegende Substrat zu übertragen und die gesuchte Funktion dadurch zu erhalten. Dieser Weg, unkonventionelle Ätztechniken einzusetzen, wird speziell auch in B2 weiterverfolgt. In der beantragten Periode stehen dabei zylinderförmige Nanoporen in Silizium im Vordergrund, die durch Befüllen mit verschiedenen Metallschichten funktionalisiert werden sollen. Nanolithographie und ihre Weiterentwicklung ist aber nur ein Aspekt in B2. Aufbauend auf den Arbeiten der ersten Förderperiode steht die Bestrahlung und damit verbunden die Modifikation von Nanostrukturen durch Laser und Ionen verschiedener Energie im Vordergrund.
Eine wichtige funktionelle Eigenschaft von Oberflächen, gerade auch für Anwendungen, ist ihr Reibungsverhalten. Einen Beitrag zum mikroskopischen Verständnis dieses Verhaltens will das experimentell angelegte Projekte B7 leisten. In B7 wird die Frequenzabhängigkeit von Reibungsphänomenen untersucht, wobei die Modellsysteme hauptsächlich in Polymerfilmen nahe ihrem Glasübergang sowie in metallischen Gläsern bestehen.
Eine wichtige Werkstoffklasse bilden die nanokristallinen Materialien, deren Eigenschaften auf Grund der Nanoskaligkeit der Korngrößen praktisch ausschließlich durch die »inneren Oberflächen« bestimmt werden. Diese Klasse spielt auch im Zusammenhang mit dem biologisch/medizinisch orientierten Projekt B10 in Form spezieller nanokristalliner Diamantschichten eine wesentliche Rolle.
Bislang nur in Bezug auf seinen speziellen präparativen Aspekt angesprochen wurde das Projekt B4. Die kombinierte SAM/AFM-Technik soll in diesem Fall zu Nanostrukturen optimierter optischer Eigenschaften mit letztlich von außen beeinflussbaren optischen Funktionen führen, wie die primär geplanten Nanostrukturen aus chromogenem Wolframtrioxid (WO3) zeigen. Die eingesetzte Methode sollte sich aber als allgemeiner erweisen und die Präparation von Nanostrukturen verschiedenster Halbleiter zulassen.
Betrachtet man die Gesamtentwicklung des B-Bereiches, so lassen sich deutlich zwei Trends ausmachen: Zum einen gibt es Projekte, die unter gleichem oder zumindest ähnlichem Titel fortgeführt werden. Allerdings sind dabei jeweils klare Fokussierungen und Neuorientierungen zu erkennen, die sich auch in der geänderten Zusammensetzung der Antragsteller widerspiegeln. Einige Beispiele mögen dies erläutern. In B1 erfolgt eine Fokussierung auf kompliziertere selbstorganisierende und funktionstragende Moleküle. Dies bedeutete aber die Notwendigkeit einer verstärkten chemisch-synthetischen Kompetenz, die jetzt durch die Einbindung des INT am FZK gewährleistet wird. Dagegen wird die Kernkompetenz der früher beteiligten Konstanzer Gruppe auf dem Gebiet des Oberflächenmagnetismus in das neue Projekt C9 integriert. Ähnlich in B2: Hier konnte der präparative Aspekt, für den in der ersten Förderperiode chemische Unterstützung dringend erforderlich war, zu einer gewissen Reife geführt werden, so dass zukünftig die Funktionalisierung durch Bestrahlungstechniken im Vordergrund stehen wird. Zu deren Charakterisierung hat sich aber die Elektronenmikroskopie als essentiell gezeigt, so dass diese Methode jetzt in Ulm verstärkt miteingebunden wurde. Auch in B4 erkennt man deutlich an der neuen Zusammensetzung die Umorientierung von mehr allgemeinen Benetzungsstrukturen hin zu SAMs und deren nanoskalige Manipulation, um neue Funktionen zu erreichen.
Andererseits findet man völlig neu strukturierte Projekte wie etwa zur Katalyse von Modellsystemen in Form geträgerter, kontrolliert aufgebrachter Nanoteilchen. Die Aktivitäten zu diesem Gebiet sind jetzt in den Projekten B9 und B12 zusammengefasst, wobei es durch Neubesetzung und Beteiligung eines Lehrstuhls für Theoretische Chemie in Ulm möglich war, eine deutliche Stärkung des Netzes im Bereich der Theorie insgesamt zu erreichen.
Neu ist auch die gezielte Hinzunahme biologisch/medizinischer Projekte wie B11, um das bereits im Netz vorhandene präparative Knowhow zur Herstellung und Vorstrukturierung anorganischer Oberflächen mit bisher noch nicht vertretenen biologisch/medizinischen Methoden zu kombinieren.
Durch die angesprochenen Trends wird auch deutlich, dass die intensive Wechselwirkung zwischen den beteiligten Gruppen während der ersten Förderperiode dazu geführt hat zu erkennen, welches Potential an Knowhow und Equipment am jeweils anderen Standort vorhanden ist, und dies jetzt in der beantragten zweiten Förderperiode effektiv zu bündeln und zu nutzen.